(eine Tourenbeschreibung von Tom Knieke)
Am 30. August machten wir uns auf den Weg von der Eurobike in Friedrichshafen am Bodensee nach Sankt Valentin in Südtirol, um anlässlich des Bike Days das Silfser Joch, einer der höchsten Alpenpässe, zu befahren. Wir das sind Peter, mein Mitarbeiter Alex, Marco, seine Freundin Ulrike und ich. Zuvor besuchten wir die größte internationale Fahrradmesse im Länderdreieck Deutschland, Österreich und der Schweiz. Am frühen Abend in Sankt Valentin angekommen checkten wir in unserem Hotel ein und freuten uns schon auf das angekündigte 3 Gänge Menü, welches wir auch schon aus dem letzten Jahr kannten und bereits allein die Reise wert wäre. Die Fahrt mit dem Auto durch Österreich nach Südtirol ins kleine Örtchen Sankt Valentin versetzte uns schon, mit dem Anblick auf die großen Berge, in Begeisterung. Und mit Hinblick auf unsere geplante Tour am morgigen Tag setzte bei mir zugleich ein flaues Gefühl in der Magengegend ein. Nach einem kleinen Abendspaziergang, nach der Autofahrt, wurde es Zeit uns in dem Restaurant unseren Hotels einzufinden und den Höhepunkt des Abends freudig entgegen zu sehen, dem 3 Gänge Menü nach Südtiroler Art.
Nach ausgiebiger Stärkung und dem einen oder anderen Glas Schlummifix wurde es Zeit gute Nacht zu sagen, denn schließlich wollten wir morgen in der Früh ausgeschlafen sein. Vorher aber schon einmal die Sachen für den nächsten Tag zurecht gelegt, das Rad nochmal kurz gecheckt, damit auch ja nichts in der morgendlichen Aufgeregtheit vergessen werden kann.
Bei solch Gelegenheiten braucht es bei mir gar keinen Wecker. Pünktlich wurde ich morgens wach und auch hinter Peters Tür klapperte es bereits. Nur Alex musste noch mit einem lauten Klopfen an der Tür aus seinen Träumen gerissen werden.
Nach einem ausgiebigen Frühstück schlüpften wir in unser Radsachen und sammelten uns am verabredeten Treffpunkt vor dem Hotel. Da die Nacht mit 8 Grad bereits recht frisch war, hatten wir neben den Beinlingen und Ärmlingen auch noch ein Trikot mehr angezogen. Die Handschuhe waren natürlich obligatorisch. Sankt Valentin liegt bereits auf 1470m und der Ausgangspunkt unserer Tour Prad auf 880m. Das Ziel auf dem Silfser Joch auf 2760m. Nach dem Start folgte eine rasante Abfahrt Richtung Prad. Auf der recht befahrenen Bundesstraße Richtung Meran überholte uns nur selten ein Auto.
Angekommen in Prad kletterte die Temperatur bereits satt in den zweistelligen Bereich. Also machten wir eine kurze Pause und uns zogen wieder unsere kälteschützende Bekleidung aus, um sie in unseren Rückentaschen der Trikots zu verstauen. Überhaupt sollte sich das Wetter in diesem Jahr von seiner allerbesten Seite zeigen, Sonne satt und am Himmel ein blaues Farbenmeer. Als wollte es den missglückten Aufstieg vom letzten Jahr wieder wettmachen. Aber dazu später noch mehr.
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Kurz bevor wir, noch gemeinsam, in Berg einfuhren wünschten wir uns für die nächsten 25km und 1845 Höhenmetern recht viel Spaß, Hals und Beinbruch. Denn von nun an hieß die vorher abgesprochene Tagesparole: Jeder stirbt für sich allein… Peter, Marco und ich setzten uns sogleich ab, während es Ulrike und Alex ruhiger angehen ließen
Bis Trafoi heiß es dann noch sich die Wegstrecke mit einigen Auto und Motorradfahrern zu teilen. Ab Trafoi wurde die Alpenpassstraße anlässlich des Bikedays KFZ frei abgesperrt. Die ersten Kilometer am Berg in den Beinen und der Blick auf meinen Pulsmesser gewandt sagte mir das ich es ruhiger Angehen lassen muss. Dauerhaft den Puls bei 170 Schläge die Minute hält mein Körper nicht bis oben hin durch. Jedes Motorrad was sich dann noch stinkend an uns vorbei zu quetschen versuchte, verfluchte ich innerlich als trägen Lederfetischisten der hinterher am Bikerstammtisch von seiner sportlichen Heldentat prahlt. Lustig ist nur, dass ich in einer vergangen Zeit genau einer von diesen Typen war, der auf der letzten Rille um die Kurve schreddern musste. So ändern sich die Zeiten… :>)
Mit jedem Höhenmeter brannte die Sonne immer heißer. Ich musste mir meine Sonnenbrille vom Gesicht nehmen, weil mir der Schweiß vom Kopf die Brillengläser von innen überflutete. Ich erinnerte mich an das letzte Jahr, als wir zur gleichen Zeit (Peter, Manne und ich) schon einmal den Versuch starteten den Gipfel zu erstürmen. Leider machte uns der Regen bzw. Schneeregen und Temperaturen um die Null Grad einen Strich durch die Rechnung, so dass wir ab der Franzenshöhe auf knapp 2200m aufgeben müssten. Die Verantwortlichen sperrten den Alpenpass ab dort zu, der Grund hieß: Schnee und Lawinengefahr. Für uns Flachlandtiroler ein ungewohnter Grund Ende August. Auf der darauffolgenden Abfahrt im Schneeregen wieder nach Prad fror ich der Art, wie ich noch nie zuvor in meinem Leben gefroren habe. Die beste Funktionsbekleidung half da nicht mehr. Unten angekommen überlegten wir kurz in welche Richtung es weiter gehen sollte. Ich brachte damals kein Wort mehr heraus, so steif gefroren war mein Gesicht und das klappern der Zähne wollte nicht mehr aufhören. Als ich dann im Stand, mit einseitig eingeklickten Fuß das Gleichgewicht verlor und mit samt meinem Rad umfiel, weil ich so steifgefroren war, wollte ich nur noch ins Hotel unter die heize Dusche und die nächsten 3 Stunden nicht mehr herauskriechen. Aber diesmal war alles besser.
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Peter hatte ich schon lange aus den Augen verloren und Marco muss dann irgendwann doch von mir weggefallen sein. Und so kurbelte ich mich eine der anderen 48 Serpentinenkurven nach oben. An der Franzenshöhe angekommen, beginnt der letzte Steilanstieg. Dieser furchterregende Anblick der steilen 6km langen Serpentinentreppe ist oft auf Fotos in einschlägigen Radfahrmagazinen zu sehen. Dieser Anblick blieb uns noch im letzten Jahr, in dick verhangenen Schneeregenwolken, verschont. Spätestens ab jetzt fragt sich der nichterfahrende Alpentourist: Also ich, was mache ich hier eigentlich??? Ich erwischte mich immer wieder dabei, dass meine rechte Hand versuchte den Schalthebel zu drücken, um noch einen leichteren Gang zu finden. Den es zu diesen Zeitpunkt natürlich bereits nicht mehr gab! Also Zähne zusammenbeißen und weiter geht’s, schließlich will ich Peter nicht ewig oben warten lassen. Die letzten 2 Kilometer gestalteten sich von der Art schwierig, als dass die Menschenmassen auf der immer enger werdenden Straße der Art zu nahmen, so dass ich die letzten Meter über den Gipfelpunkt mein Rad schieben musste. Man kann sich es sich kaum vorstellen wie viel Menschen auf so ein kleines Gipfelplateau passen. Peter und ich konnten uns auch nur unter Einsatz unseres Telefons finden, was im Übrigen auch wenig später Marco wiederfuhr.
Nach ein paar wenigen Erinnerungsfotos zogen wir unsere übrigen Sachen wieder an, um dann schleunigst das Menschengetümmel zu verlassen und uns Talwärts über den Umbrail Pass Richtung Schweiz abzufahren. Das Abfahren in den Serpentinen möchte auch erst einmal geübt sein. Das scharfe anbremsen kurz vor den Serpentinenkurven setzt einiges Grundvertrauen in die neuen Kunststoff- Kohleverbindungen des Rades voraus. Würde man andererseits die Hand ständig auf der Bremse halten, wäre ein Schlauchplatzer fast unvermeidlich. Nicht selten hörten wir den Knall eines geplatzten Schlauches aufgrund einer überhitzten Felge. Danke an dieser Stelle an Peter, der uns Bergnovizen hier den entscheiden Tipp gab. Zu Dritt überfuhren wir dann die Schweizer Grenze wieder in Richtung Südtirol zum Ausgangsort unserer Tour. Wir machten dann in einem Straßenkaffee halt und labten uns an einem köstlichen Apfelstrudel mit sehr viel Vanillesauce. Zu diesem Zeitpunkt klingelte dann mein Telefon und auch Alex und Ulrike waren mehr als glücklich oben angekommen. Uns stand dann noch der „kleine Anstieg“ von Prad nach St. Valentin in unser Hotel bevor. Noch am Morgen sind wir in umgekehrter Richtung hinab gerast, mussten wir jetzt wieder hinauf. Nur überlegten wir uns, nicht die Bundesstraße, wegen des vielen Autoverkehrs, zu befahren. Wir entschlossen uns die alte Straße durch die kleinen Bergdorfer zu wählen. Eine gute Entscheidung wegen der sehr sehr schönen Aussichten inklusive dem einen Wehrmutstropfen… Es gibt keine Serpentinen und so durften wir die Steigungen, die zum Teil 20% betrugen, im Schuss geradeaus nehmen. Aber auch das wurde letztendlich bewältigt. Ich startete nochmal ein Ausreißversuch aber letztlich wurde auch dieser von unserem 96kg schweren Bergfloh Peter nach 3 Kilometern vereitelt. Erschöpft aber zufrieden kehrten wir in unser Hotel ein, freuten uns auf die Dusche und anschließend auf Kaffee und Kuchen.
An dieser Stelle einen besonderen Dank an die tolle Gastfreundschaft im Hotel Stocker. www.hotel-stocker.com
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